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Die Lieferanten – „Liebe in Paketen“

Es hat geklingelt. Du machst auf. Wer kann das schon sein? Erst mal auspacken…

Die folgenden Worte können vermutlich kaum einem ehrlichen Unboxing gerecht werden. Vielmehr können sie dem nachkommen, was auch „Liebe in Paketen“ bietet: Perspektiven.

Die Münsteraner Band Die Lieferanten veröffentlicht ihr Debutalbum „Liebe in Paketen“. Bei dem Titel handelt es sich nicht nur um eine Hommage an den eigenen Bandnamen. Auch der Inhalt dieses Paketes, an dem Jonas (Keys), Aaron (Bass), Lukas (Drums) und Moritz (Git/Vox) fast zwei Jahre gebastelt haben, ist von verschiedenen Facetten des Leviathans, den wir Liebe nennen, gespickt. Dass Liebe und ihre Ausprägungen allumfassend und in der Popmusik nicht wegzudenken sind, davon können auch Die Lieferanten ein Lied singen. Oder 12.

Hinter jedem Song verbirgt sich ein anderes Päckchen, das man zu tragen hat. Seien es Kämpfe zwischen Hass im Netz und Selbstliebe („Voodoo“), zwischen hedonistischen Allüren und der Liebe zur Zukunft („Vergänglich“), zwischen der Liebe zur Sprache und ihren Tücken in der Liebe („Alle Worte Tanzen“) oder zwischen Liebe nehmen und Liebe geben („Anstellen“). In vielen Päckchen finden man ein Schlachtfeld des inneren Konflikts. In anderen bloße Erkenntnisse: „Warum nimmt mich niemand auf die Schultern / Alleine kann ich das nicht schultern“ („Realität“) oder „Unsere Eltern werden stolz sein“(„Eintag“). Und in wieder anderen wird sich einfach so lange mit Öl („Olio“) eingerieben bis auffällt, dass damit nicht nur an allen Problemen vorbeigerutscht wird, sondern auch an allen wichtigen…

Ups, in der Zeile verrutscht. Manche Songs versuchen offensichtlich auch, sich ernsten Themen mit Humor und Augenzwinkern anzunähern. Das klappt ganz gut. Was aber alle miteinander verbindet, sind wiederkehrende inhaltliche Widersprüche. Textlich wie musikalisch hält „Liebe in Paketen“ jeden noch so pluralistischen Inhalt aus – und das Verpackungsmaterial ihm stand.

Vorzugsweise werden dafür funky Grooves und Bässe verwendet, die mit schicken Indie-Sounds von Gitarre und Keyboard aufgehübscht werden. Und ganz im Sinne der erwähnten Widersprüchlichkeit gibt es dann hier und da mächtige, fast pathetischen Momente, die dabei helfen, dem teils kryptischen und fordernden Textmaterial standzuhalten.

Das Paketband dabei ist Sänger Moritz, dessen Stimme irgendwie alles zusammenhält. Catchy Refrains wie in „Anstellen“, „1-Click-Buy“ oder „Vergänglich“ werden nicht nur in ein gemütliches Backingpolster eingebettet, sondern bekommen durch den auch mal rauen, aber immer leidenschaftlichen Leadgesang einen ordentlichen Boost an Energie verpasst.

Am Ende des Albums steht mit „Sonntag“ ein Song, der Express-Lieferungen und Feelgood-Attitüde der Indie-Hymnen ebenso hinter sich lässt wie verkopfte Textzeilen und das kritische Hinterfragen des First-World-Lebensstils. Denn letztlich dreht sich doch alles nur darum, in dem ganzen (digitalen) Selbstverwirklichungswahn und der Egomanie dieser Tage einen Hauch von Nähe, Zweisamkeit und Intimität zu erhaschen und ebenso im Wirrwarr von Lebensrealitäten und Lebenswelten einen eigenen Platz und konstruktiven Austausch zu finden – auch wenn diese Dinge zwischen all dem Verpackungsmüll meist nur sehr schwierig auszumachen sind.

 

 

 

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